Der lethargische Bürger im Frieden mit Demagogen

„Ent-Wicklungen – Plädoyer für eine Politik des Umbruchs“
Seite 14 (Auszüge)

Über den Frieden des lethargischen Bürgers mit den Demagogen

Eines der vielstrapazierten Worte unserer Zeit ist das Wort „Krise“. Genau gesehen befinden wir uns aber in einer vorkritischen Phase. Einerseits besteht intern für die europäischen Staaten die Möglichkeit, auf einem reformativen Wege ein neues und zukunftsfähiges Gesamtsystem aufzubauen, ohne revolutionäre Umtriebe zu provozieren. […] Andererseits steht auf globaler Ebene die Revolution längst in den Anfängen. Längst aber werden auch alle revolutionären Stimmungen politisch missbraucht – auf europäisch-amerikanischer Seite wiederum werden diese revolutionären Umtriebe entweder übersehen oder fehlgedeutet und mit brüsker Überheblichkeit falsch beantwortet.


Die „Krise“ als Schreckgespenst – und Führungsinstrument


Das Wort „Lösung“ mutiert unserer Tage zum Synonym für Täuschung. Denn es gibt viele Stimmen aus Politik und Wirtschaft, die von Lösungen sprechen, jedoch nur Teilaspekte herausgegriffen haben, die durchzusetzen höchstens den heute blühenden Neoliberalismus bewiese, aber die Gesellschaftskrise zu lösen in der stets isolierten Form ohnehin keineswegs geeignet sind.

„Vor lauter Bäumen den Wald nicht zu sehen“ – ein altes Sprichwort, das auch hier zutrifft: Es gibt Lösungsvorschläge zuhauf, mit Hilfe derer Kostenexplosionen im Sozialwesen gebremst oder Arbeitslosigkeit abgebaut werden sollen… oder, oder. Ohne zu sagen, dass jeder dieser Lösungsvorschläge untauglich sei: Wo ist das Konzept, in das gefasst die vielen kleinen Lösungen überhaupt gedeihen könnten, um ein großes Ziel zu erlangen?

Bestärkt wird der Bürger in [seinem] Eindruck noch durch […] geringere Einkommenszuwächse – aber blühende Wirtschaftsbilanzen. […] Das Ergebnis […]: Der Bürger ist verkommen zum lethargischen und politisch frustrierten Arbeitskraftpotenzial.


Politische Lethargie lähmt den Willen zum Wandel


Der Schritt hinaus aus dieser Lethargie sollte von Seiten der Politiker vorgeleistet werden. Gleichzeitig also muss die Politik in der Lage sein, soziale Sicherheiten auch unterhalb der Mittelschicht zu garantieren. Politik muss in der Lage sein, den Desozialisierungsprozess der Gesellschaft und den Verlust des Solidaritätsprinzips zu verhindern. Stattdessen aber ringt der Einzelne – Allgemeininteressen nicht nur missachtend, sondern zunehmend verletztend – um den Erhalt seines sozialen Status. Durch einen wachsenden wirtschaftlichen und sozialen Druck wird der Einzelne zu einem unpolitischen Bürger, die Massen werden zu einer unpolitischen und losen Menge – und lassen sich dabei gleichzeitig politisch instrumentalisieren.

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