Die zweite Hälfte des Kapitels „Das Verlustgeschäft Nationalpolitik“ – ebenfalls aus meinem Buch „Ent-Wicklungen – Plädoyer für eine Politik des Umbruchs“. Da muss ich nämlich schließlich ein wenig vor meinen eigenen Worten erschrecken. Was ich dort beschreibe, ist gleichsam wie unaufhaltsam bereits im Gange. Und was ich hier geschrieben hatte, in dem Teil 1 meines Buches, ist ja nicht etwa die Projektion eines hoffnungsvollen und engagierten Gegenentwurfs. … der außerdem keineswegs so seine Gültigkeit haben muss, wie ich ihn beschrieben habe! Sondern Teil 1 von „Ent-Wicklungen – Plädoyer für eine Politik des Umbruchs“ ist eine Gesellschafts- und Gegenwartskritik aus dem Jahre 1998.
Und wenn ich dann am Ende abschließend geschrieben habe: „Das könnte verhindert werden.“ – dann hätte, das noch zu verhindern, aber mehr politischer Weitsicht erfordert…
„Ent-Wicklungen – Plädoyer für eine Politik des Umbruchs“
Seite(17)/18
– die zweite Hälfte –
Das Verlustgeschäft Nationalpolitik
[…]
Tatsächlich […] geht es in der Politik noch nicht einmal grundsätzlich um Fragen der wirtschaftlichen Stellung eines Staates, sondern auch um die Achtung nationaler Gefühle, mittels derer sich zahlreiche Politiker geneigt sehen, die Wiederwahl der eigenen Person oder wenigstens der eigenen Partei zu sichern. Zum Schaden des gesellschaftlichen Gefüges wird demonstriert, man sei unmittelbar für die Anliegen der Bürger offen. Es wird vorgeschützt, den nationalen Interessen ebenso wie der Nationalbevölkerung könne eine Umgestaltung bestimmter Standards nicht zugemutet werden.
Es ist jedoch ein Trugschluss von Politikern und Wirtschaftsgrößen, der erst durch all diese nationalistischen Verwirrungen möglich ist, dass Europa eine politische Vereinigung erst leisten könne und dürfe, wenn man auf der Grundlage sozialer Standards näher zusammengefunden habe. Bis es aber soweit sei, reiche die Intensivierung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit vollkommen aus, wie sie hier und heute gefördert werde.
Europa verteidigt sich nicht gegen die Schwäche der vielen Nationalstaaten
Für die Wirtschaft insgesamt ist ein solcher Einigungsprozess tatsächlich von nur sekundärem Interesse. Zum einen wusste die Seite der Großunternehmer stets seinen Gewinn zu schöpfen, und das selbst in Zeiten größter Entbehrungen für die Gesamtbevölkerung und also auch für Kleinunternehmer. Zum anderen sind Auslagerungen von Forschungs- und Produktionsstandorten auch über die Grenzen der EU hinaus längst kein Problem mehr. Unternehmer fliehen also mit dem Produktionsmittel, nicht erst mit ihrem Kapitalertrag vor einem zu engen und investitionshemmenden staatlichen Abgaben- und Auflagenkorsett […]. Längst erkennen Unternehmen der freien Wirtschaft die Vorteile der Zusammenarbeit selbst mit einst härtesten Konkurrenten und nutzen diese in Forschung, Entwicklung und Produktion auch grenzüberschreitend.
Den europäischen Staaten wird global der Rang abgelaufen
Ich möchte nicht behaupten, dass diese in der Politik nicht erkannt werde. Tatsache ist, dass mit falscher Rücksicht auf vermeintliche Gefühle der nationalen Identität oder die Sicherung sozialer interessen vorschützend politische Schritte unterlassen oder sogar aktiv behindert werden, die eine längst überfällige politische Einigung voranbringen könnten. Richtig ist schließlich, dass mit immensen zeitlichen Verzögerungen eine soziale Annäherung auf niedrigstem Niveau erreicht werden wird. Denn bis es soweit ist, werden die europäischen Nationen weltweit eine deutlich untergeordnete Rolle spielen.
[…]
Hier geht es zum nächsten Kapitel „Von der Kurzsichtigkeit des Überlebensinstinktes„