Vom 31.08.–21.09.2005, im Rahmen der „Aachener Literaturtage 2005„, fand eine Ausstellung des Aachener Autors und Regisseurs Wolfgang Vincke im Ludwig-Forum in Aachen – „Lebenlesen“ – statt. Angeregt durch dieses Projekt hatte ich dereinst eine Skulptur zu jener Ausstellung beigetragen.
Die Ausstellung umfasste eine Auswahl aus insgesamt über 100 Werken unterschiedlichster Personen und Künstler, die jeweils ihre Sicht und Idee zu diesem Stichwort beigetragen hatten. Dafür hatte Wolfgang Vincke damals bereits über 10 Jahre gesammelt und Außenstehende angeregt, ihre Idee zum Stichwort zu skulpturieren, zu collagieren, zu malen, zu zeichnen.
Mein Werk habe ich untertitelt mit „Die zwei Seiten des Lesens“.
Trotz der Reduktion der rechten Gesichtshälfte auf Auge, Nase und Mund bleibt diese als Gesicht deutlich erkennbar – und zeigt ein freundliches, auch amüsiertes Gesicht.
Die linke Gesichtshälfte ist noch stärker reduziert – und braucht erst einmal zwei, drei Blicke und Momente, um sich zu offenbaren: Ein zugekniffenes Auge, ein zu einem gellenden Schrei aufgerissener Mund, der tief aus den Buchseiten hervorstößt.
Außer Proportion stülpt sich das bloße Hirn über jenes namenlose Buch. Dieses Bündel bedruckter Seiten, von denen wir nicht wissen, was sie uns zu erzählen hätten. Darum auch geht es nicht, was konkret diese Seiten verbergen könnten. Denn eines wird nun deutlich: Skulpturiert wird hier die Auseinandersetzung mit „Buch“, mit dem Inhalt. Was nicht einmal identisch sein muss mit Botschaft und Absicht eines Autors. Was unterhaltsam sein kann, amüsant, lehrreich… aber auch schmerzhaft.
An einer Seite fließt das Hirn zu einem Tropfen zusammen und perlt ab. – Lesen macht etwas mit uns. Lesen mag uns nicht grundlegend ändern. Aber lesen beeinflusst uns. Lesen lenkt. Die Gedanken. Und selbst, wem das Lesen ein bloßer Zeitvertreib ist, mögen die Worte auch etwas sagen…