1. April 2008: Panadero überrascht abermals

Panadero hat wieder in großen Dimensionen gedacht – und Panadero hat sein Publikum dennoch schwer überrascht: „Ein blühendes Geschäft“ heißt zum 1. April 2008 sein neues Werk. Und der Titel scheint so gar nichts zu tun zu haben mit seiner Skulptur…

„Ich bin unpolitisch“, sagt Manolito Pepito Panadero.

Und kann kaum politischer daherkommen, als mit seinem „blühenden Geschäft“.

Panadero zeigt die Politik getragen von der Wirtschaft, gehalten von der Wirtschaft. Panadero zeigt „den Bürger“ in der Klemme: In die Zwinge genommen von Wirtschaft und Politik. Sein Bürger ist eine multiple skulpturale Figuration: Freizeit-Mensch, Büro-Angestellter, Arbeiter, Rentner… Da meint er jede und jeden.

Panadero nennt sich unpolitisch – und ist abermals deutlich sozialkritisch.

Da horchen wir dann doch mal auf – derweil wir regelmäßig an die Wahlurnen gerufen werden. Und so mit der Nase darauf gestoßen, dass sie uns niederdrücken und beugsam machen, wollen wir die gewählten Vertreter des Volkes sich einsetzen sehen für den Bürger, nicht für die Wirtschaft!
Aber Panadero wäre kein Panadero, wenn er plötzlich zum politischen Einpeitscher würde. Er zeigt nur dorthin, wo es weh tut. Panadero wäre kein Panadero, wenn er nicht humorig daherkäme, verschmitzt und vergnüglich wie immer. Manolito Pepito Panadero ist, in seiner längst üblichen Handschrift, sozialkritisch, humorvoll… und im positiven Sinne subtil:

Man kann fasziniert schwärmen für handwerkliche Details der monströs nachgebildeten Schreinerzwinge – die auch tatsächlich funktionstüchtig ist. Man kann sich schwärmerisch verlieben in das mit Hingabe verarbeitete Holz: Hier entdeckt man einen, der nicht nur mit Holz umzugehen versteht, sondern einen, der ein besonderes Verhältnis zu Holz hat. Oder man kann herzlichen lachen über die gleichsam mit Buntstift schnell und locker skizzierte Menschenfigur, der man die schmerzhafte Beugung und das schwere Tragen unweigerlich abnimmt.

Manolito Pepito Panadero hat alles getan, um gewitzt daherzukommen – und harmlos, mit einem bescheidenen Stück Kunst, unbescheiden in seinen Ausmaßen. Manolito Pepito Panadero hat zugleich wieder einmal nichts ausgelassen, um aufzurütteln.

Große Werke – große Schau: 1. April 2007

„Große“ Werke kann man für Panadero’s Ausstellung vom 1 April 2007 wörtlich nehmen: Er hatte großformatig bearbeitet. Das einzig „kleine“ neben drei großen Beiträgen war der „Biostrom“, den Manolito Pepito Panadero abermals zeigte, weil er gut zum Thema passte. Oder besser: zu einem Thema.

Nachdem es nur viereinhalb Monate zuvor die große Werkschau vom 12. November 2005 gegeben hatte, waren relevante Persönlichkeiten im Hause des Ludwig Forums ein wenig dünnhäutig. Und so fiel der 1. April 2006 ins Wasser. Panadero brannte also nur darauf, wieder an die Öffentlichkeit treten zu können. … hatte er doch 2006 an sich längst eingeplant.

Große Werke: Panadero nicht nur großartig, sondern auch großformatig

Das eine große Werk, an das er mit „Biostrom“ thematisch noch einmal anknüpfte: „Q-Gas“. Panadero stellte vor dem Hause, immerhin überdacht, aus – und präsentierte sich weitere 6 Wochen lang im Straßenbild in und um Aachen herum.

An seinem „Selbst-GEFrei-verhÄNGNIS“ arbeitete Manolito Pepito Panadero über Monate hin; allein, den Globus zu schweißen, erforderte eine akribische Vorbereitung.

Sein drittes Werk dieses Tages, „Kinderträume“, ist kaum weniger groß: Eine elektronische Leiterplatte – gleichsam unter der Lupe.

Gerade hier bleibt Panadero undurchsichtig: Spielt er nur oberflächlich auf das Bauklötze-Alter des Menschen an, in dem alles einfach nur groß und spannend ist und alles die kindliche Neugier und Begeisterung weckt? Man fühlt sich beinahe bestätigt, als Panadero den kleinen Jean-Luc ganz unbedarft mit seinem Werk spielen und ihn daran räumen lässt…

Wo andere nach Luft schnappten, weil Jean-Luc gerade ein Kunstwerk zerlegte, da erfreute Panadero sich an der Begeisterung und Spielfreude des kleinen Buben.

Über Verlinkungen gibt es bald auch mehr über diese Kunstwerke zu erfahren.

Und abermals gewohnt überraschend: Panadero mit seinem „blühenden Geschäft„.

Biostrom – Licht aus Joghurt

Wie zum Beweise, dass hier technisch nicht gemogelt wurde, steht der Joghurtbecher auf einer transparenten Acrylglas-Scheibe, die wiederum außerhalb des Glasbodens nur von drei Sockeln getragen wird. Keine Kabel, keine sonstigen elektrischen Leiter. Nein, eine Stromzufuhr gibt es hier wirklich nicht!

Am 1. April 2001 zeigt Panadero erstmalig seine Glühbirne, die er aus nichts als Joghurt hell erleuchten lässt.

Thema „Biostrom“: Panadero verblüfft wieder einmal mit Witz und Esprit

Es bleibt Panadero’s Geheimnis, wie er aus handelsüblichem Joghurt immerhin so viel Energie erzeugt, dass eine kleine Glühbirne von 2,2 Volt hell leuchtet – und ununterbrochen zumindest für die Dauer der Öffnungszeit eines Tages.

(Die elektrische Kapazität von 500 Gramm Joghurt konnte im Rahmen der Ausstellungen am 1. April 2001, am 12. November 2005 sowie am 1. April 2007 leider nicht demonstriert werden.)

So gelingt es Manolito Pepito Panadero wieder einmal, dem Betrachter unwillkürlich ein Lächeln zu entlocken – bei dem es jedoch nicht bleibt. Stößt er doch mit unübersehbarem Witz und unausweichlicher Ernsthaftigkeit ein Thema an, das dereinst immerhin diskutiert wurde und heute noch ausbaufähig und nicht unumstritten ist.

„Biostrom“: amüsant Panadero’s Werk – und das Thema noch immer „ein Thema“

Ganz so einfach, wie Panadero uns das hier glauben machen will, ist es natürlich nicht mit der regenerativen Energie und dem „Biostrom“. Aber den Betrachter bringt es zum Nachdenken – und mehr soll und will Kunst nicht leisten.

Und Panadero hört nicht auf – er holt aus! Zum 1. April 2007.

„Bahnhofsklo“: grandios und umstritten

Gesellschaftskritisch kommt Manolito Pepito Panadero nicht zum ersten Mal daher – aber mit keinem seiner Werke so vehement umstritten wie mit seinem „Bahnhofsklo“!

Die Frustration der jungen Generation mag sich häufig und allbekannt in verborgenen öffentlichen Räumen Luft machen. Jedoch, längst nicht allein der jungen Generation. Und dies wiederum ist nicht zuletzt das Resultat einer zunehmend individualisierten – und als Kehrseite dessen auch desolidarisierten – Gesellschaft, die dem Einzelnen nicht den nötigen Halt und nicht die nötige Anerkennung angedeihen lässt, wo ein Mitglied der Gesellschaft nur einfach zu „funktionieren“ hat. Keineswegs nicht mehr nur junge Menschen reagieren mit dem Rückzug in Randgruppen, mit der Flucht in Extremverhalten, mit der Flucht auch in die Bewusstseinstrübung.

Im Wortsinn „schamlos“ gesellschaftskritisch: unverblümt und offen

Einmal zeigt Panadero mit seinem „Bahnhofsklo“ ungeschönt, dass der Konsum harter Drogen im Verborgenen und wegen seiner Illegalität häufig auch an den hässlichsten Orten stattfindet. Was der Künstler hier mit dem „Besteck“ der heroinabhängigen Junkies plakatiert, hat mit Verherrlichung der Drogenszene rein gar nichts zu tun. Vielmehr zeigt Panadero die Aussichtslosigkeit von Drogenkonsum auf.

Andererseits wird „Sexkonsum“ nicht nur in den harten Sprüchen, die sich auf öffentlichen Toiletten finden, sondern bis hinein in den so genannten Volksmund heroisiert und in erschütternder Weise banalisiert. Eine Kehrseite dessen ist die Zunahme ungewollter Schwangerschaften insbesondere bei Jugendlichen sowie weiterhin seit geraumer Zeit die erneute Ausbreitung verschiedener Geschlechtskrankheiten, die man bereits als Teil der Geschichte wähnte.

Sprüche wie „Heroin iss geil, aber Ulla iss schon tot und ich komm auch bald nach“ oder „Nimm die Lümmeltüte, schütz Dich bitte“ sind in diesem Kontext nicht alltäglich und kaum real: Sie gehören nicht zum üblichen Repertoire jener, die sich mit Schmierereien im öffentlichen Raum verewigen.
Und so bezieht Panadero deutlich Stellung gegen derartiges Flucht- und Abgrenzungsverhalten. Er lässt nicht nur Bildhaftigkeit und Texte für sich sprechen, sondern kontrastiert bewusst und vermittelt eine unmissverständliche Botschaft.

Wahrhaftig hervorstechend, dieses „Bahnhofsklo“ – das zeigten auch die Besucherresonanzen.

Mit Bedacht gewählt: ein Stück Verfall

Wo andere nur noch den örtlichen Entsorger einbezogen hätten, da hat Manolito Pepito Panadero den Betrachter einbezogen – und gestört in seinem Frieden mit der Kunst in der Welt.

Inhaltliche Tiefe – mit einer vergammelten Sackkarre verstörend kurz und bündig präsentiert!

Was also den meisten anderen erscheinen mag wie der leidliche Versuch einer Wiederverwertung, das wird Panadero gleichsam zum Brennglas: für den Blick auf Geschichte und Zivilisation.

Denn was hier auf den ersten Blick lapidar aus der Ecke gekramt und inhaltsleer erscheint, das konfrontiert den Besucher bei tieferer Betrachtung mit dem weiten Weg, den eine zaghaft sich technisierende Gesellschaft gegangen ist, um in der Moderne anzugelangen. Anzugelangen in einer High-Tech- und Informationsgesellschaft, die auch – um auf das Motiv des Künstlers einzugehen – eine Mobilitätsgesellschaft ist. Dem aufmerksamen Betrachter erschließt sich so Anlass zur Einkehr und zur kritischen Betrachtung:

Einkehr ob der Lebenswege, die hinter stillen Zeugen vergangener Zeiten stehen. So offenbaren steinerne Monumente wie zum Beispiel ein Aachener Dom schwerlich die Schattenseiten der Gesellschaftsformen, auf deren Relikte wir heute mit Stolz, Achtung und auch Ehrfurcht eingehen – aber wohl kaum mit Mitgefühl und Ehrerbietung für jene, die dabei unbeachtet auf der Strecke geblieben sind.

Schlicht und inhaltsschwer zugleich – ein echter Panadero

Eine kritische Betrachtung auch ob der Kehrseite der hohen Mobilität, die unsere heutige Gesellschaft in ihrer überwiegenden Wahrnehmung genießt. So war die räumliche Unbeweglichkeit und Begrenztheit vergangener Gesellschaften auch mitverantwortlich für die geringe geistige Beweglichkeit solcher Gemeinschaften. In den Zeiten des Globalismus entziehen sich die Nebenwirkungen der gegenseitigen Ab- und Ausgrenzungen zunehmend dem Bewusstsein und finden oftmals nur noch Beachtung durch Schock- oder Schreckensmeldungen in TV- und Pressemeldungen, wenn vormals durch Kolonisation gänzlich unterdrückte Gesellschaften heute nach der vollen Befreiung und sozialen Gleichstellung greifen.

Auch eine andere soziale Schattenseite, die sich im Inneren unserer Mobilitätsgesellschaft auftut, bleibt weitestgehend unbeachtet… solange man an der erwarteten Individualmobilität Teil hat.